Liberale stellen sich gegen Grünen-Vorschlag zum Pflicht-„Freiheitsdienst“
Geht es nach den bayerischen Grünen, sollen künftig alle Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 und 67 Jahren zu einer sechsmonatigen Dienstpflicht herangezogen werden. Die FDP Bayern lehnt diesen Vorschlag entschieden ab.

Bayerns FDP-Vorsitzender Martin Hagen.
In der aktuellen Debatte zwischen Union und SPD über eine mögliche Rückkehr der Wehrpflicht, ließ jüngst die grüne Landtagsfraktion in Bayern mit einem radikalen Vorstoß aufhorchen: Menschen „mit festem Aufenthalt in Deutschland unabhängig von Staatsbürgerschaft oder Geschlecht“, sollen ein halbes Jahr für den Staat arbeiten müssen. Betroffen wären hiervor alle zwischen 18 und 67 Jahren. Zumindest, so der Vorschlag, könne der Pflichtdienst in einem von „drei Zweigen“ – Wehrdienst, Bevölkerungsschutz oder Gesellschaftsdienst – absolviert werden.
Während die Grünen von der CSU für ihren „Sinneswandel“ (O-Ton Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek) Applaus ernten, gehen die Liberalen mit ihnen hart ins Gericht. „Ein verpflichtender ‚Freiheitsdienst‘ ist nicht nur eine orwell'sche Sprachschöpfung, sondern auch ein verfassungswidriger Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung“, so die Kritik von Bayerns FDP-Chef Martin Hagen, der auch vor den wirtschaftlichen Folgen warnte. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels würde ein sechsmonatiger Zwangsdienst der Wirtschaft erheblich schaden – „die Bürger brauchen keine Beschäftigungstherapie, sondern sollen möglichst schnell ihren (Wieder-)Einstieg in den regulären Ausbildungs- und Arbeitsmarkt finden können“.
Bereits in der Debatte über ein soziales Pflichtjahr verwies der FDP-Landesvorsitzende auf die verfassungsrechtlichen und ökonomischen Probleme, die Zwangsdienste nach sich zögen. So würden Pflichtarbeiten nicht zuletzt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, wie er in der BR-Sendung „jetzt red i“ argumentierte. Zudem rechnete Hagen auf Grundlage von Prognosen des Wirtschaftsinstituts „ifo“ vor, dass alleine eine Teilwiedereinsetzung der Wehrpflicht zu einem Rückgang des Bruttonationaleinkommens um mehr als 17 Milliarden Euro führen würde. Wohlgemerkt drehte sich die Debatte zum damaligen Zeitpunkt „lediglich“ um eine Altersgruppe ausschließlich deutscher Staatsbürger. Wie sich das Konzept der bayerischen Grünen, weite Teile der größtenteils Berufstätigen in Deutschland aus dem Arbeitsleben herauszureißen, auf die ökonomische Lage im Land auswirken würde, ist sowohl naheliegend wie auch besorgniserregend.
Innerparteilicher Gegenwind
Die Forderung nach einem Pflicht-„Freiheitsdienst“ sorgt auch innerhalb der Grünen für Zündstoff. Der Vorstoß widerspreche „fundamental unserem grünen Grundsatzprogramm, das auf Freiheit und Selbstbestimmung basiert“, ließt die eigene Parteijugend Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze ausrichten. Auch in der bayerischen Landesgruppe regt sich Widerstand. „Wir wollen motivieren statt verpflichten“, so ein grüner Bundestagsabgeordneter. Schließlich mangele es Deutschland nicht an Bürgern, die bereit seien, sich ehrenamtlich zu engagieren.
In eine ähnliche Stoßrichtung geht auch FDP-Landeschef Hagen, der sich bessere Anreize für Freiwilligenarbeit und – mit Blick auf die Landesverteidigung – eine Stärkung der Bundeswehr als attraktiver Arbeitgeber wünscht. „Wir müssen auf Eigenverantwortung und Freiwilligkeit setzen, statt auf Bevormundung und Zwang. Wer sich ehrenamtlich engagieren will, soll das aus Überzeugung tun – nicht, weil der Staat es befiehlt“, so Hagen abschließend.