TTIP ist gut für Bayern und Deutschland

Beschluss des Landesparteitags in Roding vom 18./19.5.2015   Die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft („TTIP‘) ist gut für Bayern und Deutschland. Die Menschen in Deutschland genießen dank einer im internationalen Wettbewerb hervorragend aufgestellten Wirtschaft einen im weltweiten und im historischen Vergleich fast einzigartigen Wohlstand. Auch für die sozial Benachteiligten erwirtschaften die Arbeitnehmer und die Unternehmer ein Nationaleinkommen, das trotz vielerlei Diskussionen ein sehr leistungsfähiges soziales Netz ermöglicht. Die Freien Demokraten als Partei der sozialen Marktwirtschaft wollen, dass dieser Wohlstand und der Sozialstaat auch in Zukunft und für unsere Kinder gesichert sind. Wir bekennen uns daher zu einer Politik, die Unternehmen von Markterfolg und weiterem wirtschaftlichen Wachstum nicht fernhält, sondern im Gegenteil Erfolgshemmnisse und Wachstumshürden beseitigt, insbesondere um den Wettbewerb mit anderen schnell wachsenden Wirtschaftsregionen der Welt etwa in Asien bestehen zu können. Ein Element einer solchen erfolgs- und wachstumsfördernden Politik ist der Abbau staatlicher Handelshemmnisse. Die Freien Demokraten bekennen sich deshalb grundsätzlich zu einem möglichst freien Handel und zum Abschluss weiterer Freihandelsabkommen. Diese grundsätzliche Zustimmung betrifft auch die derzeit zwischen der Europäischen Union im Auftrag ihrer Mitgliedsstaaten einerseits und den USA und Kanada andererseits ausgehandelten Freihandelsabkommen CETA und TTIP. Dieses grundsätzliche Bekenntnis verkennt nicht, dass insbesondere das Handelsabkommen mit den USA, dessen Verhandlungen mitten im Gange sind, wegen seiner im Vergleich zu allen anderen schon bestehenden Freihandelsabkommen überragenden Bedeutung besonders gründlich und sorgsam abgewogen werden muß. Dass das Abkommen mittlerweile mit einer für internationale Verhandlungen ungewöhnlichen Offenheit und Transparenz geführt wird, nachdem es anfänglich wie in früheren Zeiten ohne nennenswerte öffentliche Beteiligung verhandelt wurde, begrüßen wir Freie Demokraten ausdrücklich. Nicht jedwede Kritik an dem Freihandelsabkommen TTIP ist unberechtigt, aber manche Kritik folgt auch eher Mythen als Fakten. Bei vielen in die Kritik geratenen Punkten kommt es sehr auf Detailfragen an. Die FDP Bayern fordert daher: Mutig sein und das TTIP aktiv bewerben: Der schlechte Ruf des TTIP in der Öffentlichkeit ist vor allem ein beispielloses Kommunikationsversagen auf Seiten der Bundesregierung und der Europäischen Kommission. Die Strategie, das Abkommen leise im Hintergrund zu verhandeln, ist komplett misslungen. Damit muss Schluss sein. Dass so viele Geistermeldungen und Mythen über TTIP in der Welt unwidersprochen umherwabern (wie etwa „Schiedsgerichte hebeln Parlamente aus“, „TTIP bringt nur der Großindustrie etwas“, „durch TTIP werden Verbraucherstandards gesenkt“), ist primär Ausdruck dieses Kommunikationsversagens der Europäischen Kommission und der Bundesregierung auf ganzer Linie. „Angst frisst TTIP auf“ – das darf nicht mehr sein. Die Vorteile liegen auf der Hand, sie müssen nur endlich (!) besser erklärt werden: Es ist eigentlich eine Binsenweisheit: Freier Handel sorgt für Frieden und Wohlstand. Ein gemeinsamer Markt mit den USA nützt vor allem dem Mittelstand: nicht nur Zölle, sondern vor allem auch Doppelentwicklungen und -zulassungen werden abgeschlafft, Standards anerkannt. Wir Europäer sollten froh sein, wenn in Amerika endlich öffentliche Auftraggeber auch europäisch einkaufen dürfen und nicht mehr nur das Prinzip „Buy American First“ gilt. Das alles setzt deutliches Potential gerade im bayerischen und deutschen Mittelstand frei. Ein größeres Angebot an Waren und Dienstleistungen erhöht auch den Wettbewerb. Davon profitiert vor allen der Verbraucher über mehr Wahlmöglichkeiten, niedrigere Preise und/oder bessere Preis-Leistungs-Verhältnisse. Das muss die Bundesregierung und die EU-Kommission endlich auch einmal sagen und eine breite Informationskampagne über Internet, Printmedien und TV starten. Hier versagen beide bislang kläglich. TTIP raus aus dem „Geheim-Image“ bringen und transparent machen: Die FDP Bayern fordert eine aktive Presse-Konferenz sowohl der Europäischen Kommission als auch der Bundesregierung nach jeder Verhandlungsrunde, in der alle Ergebnisse transparent und offen kommuniziert werden. Beide müssen zudem eine eigene TTIP- Internetplattform live-schalten und administrieren, auf der Punkte des TTIP direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden können. Die bisherige Praxis, nur punktuell Positionen auf einer Internetseite ohne aktivere Mitsprachemöglichkeit zu veröffentlichen, reicht nicht aus. Soziale, ökologische und Verbraucherschutzstandards, vor allem zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher, sind besonders sensibel zu handhaben. Grundsätzlich bietet TTIP die Chance, dass die hohen Standards in Europa und in Nordamerika weltweit Maßstäbe setzen. Ein Scheitern von TTIP könnte hingegen dazu führen, dass in einem derzeit ebenfalls zwischen den USA und China verhandelten Freihandelsabkommen niedrigere Standards maßstabgebend würden, was aus Sicht deutscher Verbraucher nicht wünschenswert sein kann. Dabei ist es aus Sicht der Freien Demokraten nicht Aufgabe des Staates, den Verbrauchern Lebens- und Essgewohnheiten vorzuschreiben. Ob der Verbraucher sich für ein gechlortes Hühnchen aus den USA oder ein mit Antibiotika gefüttertes Hühnchen aus Deutschland entscheidet, ob er Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen oder geklonten Tieren ablehnt oder für unbedenklich hält, kann grundsätzlich dem Verbraucher überlassen bleiben, solange nicht derart schwere Bedenken erhoben werden müssen, dass die Zulassung als Lebensmittel generell versagt werden muss. Der Verbraucher muss allerdings über eine klare, eindeutige und verständliche Deklaration die Chance erhalten, Lebensmittel, deren Herkunft oder Erzeugungsart er aus welchen Gründen auch immer ablehnt, als solche zu erkennen und zu meiden. Die Kritik am Investorenschutz und der Einführung privater Schiedsgerichte teilen wir Freie Demokraten teilweise. Wir wollen nicht, dass der Rechtsstaat, eine unserer wertvollsten Errungenschaften, entkernt wird. Schiedsgerichte zur Regelung von Streitigkeiten zwischen privaten Investoren und Staaten sind aber keine privaten Geheimgerichte zur Umgehung einer ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern folgen erprobten und bewährten Verfahrensregeln, wie etwa dem seit 1965 praktizierten ICSID-Standard (International Centre for Settlement of Investment Disputes) der Weltbank in Washington D. C. Bei diesen Verfahren benennt jede Partei einen Schiedsrichter, welche sich dann wiederum auf einen von ihnen benannten dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden verständigen. Im Bedarfsfall können Experten hinzugezogen werden. Das Bestehen derartiger Schiedsgerichte ist grundsätzlich als großer Fortschritt zur Beilegung von Streitigkeiten privater Unternehmer gegen Staaten anzusehen, insbesondere wo es um die Enteignung bzw. enteignungsgleiche oder enteignungsähnliche Eingriffe oder um Zahlungsrückstände öffentlicher Auftraggeber geht, wenn private Investoren nicht darauf hoffen dürfen, gegen einen Staat vor dessen nationalen Gerichten mit Erfolg vorgehen zu können. Inwieweit zwischen den USA und den Mitgliedsstaaten der EU Fälle denkbar sind, wo ein ausländisches Privatunternehmen nicht auch vor einem nationalen Gericht des anderen Landes eine Chance auf ein faires Gerichtsverfahren hat, so dass eine Schiedsgerichtsbarkeit als vernünftige Lösung erscheint, muss Gegenstand der Verhandlungen zu TTIP sein. Ist eine funktionierende staatliche Gerichtsbarkeit vorhanden, zu welcher der Rechtsweg eröffnet ist und die Chance auf ein faires Verfahren besteht, ist ein Schiedsverfahren nicht unbedingt vorzuziehen, zumal regelmäßig Probleme mit der Vollstreckung von Schiedssprüchen auftreten und gegen Schiedssprüche üblicherweise keine Korrekturmöglichkeit in einer zweiten Instanz besteht. Bei den häufig kritisierten Marktzugangsregeln schließlich entsteht der Eindruck, dass Kommunen verpflichtet sein könnten, Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge wie etwa die Trinkwasserversorgung zu privatisieren. Ein derartiger Privatisierungszwang würde die Freiheit der Menschen verletzen, selbst zu entscheiden, in welcher Form bestimmte Leistungen erbracht werden sollen, ob öffentlich oder privat. Marktzugangsregeln werden von uns aber dann grundsätzlich positiv bewertet, wenn in ihnen verlangt wird, dass im Falle einer Privatisierung diese fairen Regeln in der Form eines transparenten Ausschreibungsverfahrens unterliegen muss, um Vettern- und Günstlingswirtschaft zu verhindern. Die öffentliche Daseinsvorsorge bleibt davon ohnehin unberührt und bleibt bestehen.  
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